Vereinsportrait aus dem Rheingau Echo vom 02.10.2008

Über den Wolken ist die Freiheit grenzenlos

Luftsport-Club-Rheingau ermöglicht Flugbegeisterten, den Rheingau von oben zu sehen

Rheingau. (sf) – Lautlos gleitet das kleine Flugzeug durch den Abendhimmel der Sonne entgegen. Das einzige Geräusch ist das Surren des Windes und man spürt genau, daß "über den Wolken die Freiheit wirklich grenzenlos ist", gemäß Liedermacher und Segelflieger Reinhard Mey. Bei den Rheingauer Segelfliegern auf dem Flugplatz auf den Eibinger Forstwiesen kann jeder, der es versuchen möchte, diese Art der Freiheit erleben und sich den Rheingau von oben betrachten.

56 Jahre ist es her, daß der Luftsport-Club-Rheingau gegründet wurde und noch heute sind die Segelflieger ihren Gründern dankbar, daß sie nach Aufhebung des Flugverbotes für Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg die Initiative ergriffen, den Segelflug im Rheingau wieder Wirklichkeit werden zu lassen. Der Dank gilt besonders dem damaligen 1. Vorsitzenden und Mitbegründer des Clubs und späteren Ehrenmitglied, Karl-Heinz Magnus. Am 18. Februar 1952 trafen sich die begeisterten Segelflieger Magnus, Rheingans, Nocher, Ettingshaus und Schmidt im Rüdesheimer Lokal "Sängerlust" und gründeten eine Rüdesheimer Fliegergruppe. Es begann eine schwere Zeit mit harter Arbeit, doch mit Begeisterung und Einsatz wurde der Grundstein für den heutigen Club gelegt. Schon damals erhielt man Unterstützung: Landrat Bausinger leistete eine Spende, mit der man ein "Grunau-Baby" bauen konnte. Zu dieser Zeit gab es bereits in Geisenheim eine Fliegergruppe, zu der die Rüdesheimer guten Kontakt hatten. Die Freundschaft der Vereine war so groß, daß man am 28. September 1954 bei einer gemeinsamen Tagung in Geisenheim beschloß, beide Gruppen zum Luftsport-Club-Rheingau zusammenzuschließen. Die Geisenheimer Piloten Wegmann, Kleppich, Hißnauer, Linker und Jakobi gehörten damals zu den Entscheidungsträgern. Die Geisenheimer Fliegerfreunde brachten auch eine Segelflugstartwinde und einen SG 38 mit in den Verein, die Rüdesheimer ein Segelflugzeug vom Typ MÜ 13-Bergfalke. Aus diesen Anfängen heraus wurde von Jahr zu Jahr aufgebaut, geplant und auch geflogen. Die ersten Erprobungsflüge wurden noch auf der Schönbornschen Aue auf den Geisenheimer Rheinwiesen durchgeführt. Obwohl die Begeisterung nicht nur bei den Vereinsmitgliedern, sondern auch beim staunenden Publikum groß war, wurden die Wiesen jedoch aus Sicherheitsgründen als Flugplatz abgelehnt.

Damit begann die Suche nach einen vereinseigenen Flugplatz. Man probierte es in Presberg, dann in Sobernheim, in Ailertchen im Westerwald, auf dem Mensfelder Kopf und auf einem der besten Flugplätze nahe dem Rheingau, in Finthen. Mit den dort stationierten Wiesbadener Fliegern, die sich "Maikäfer" nannten, gab es eine vorbildliche Kameradschaft. Die "Maikäfer" arbeiteten eng mit den Rheingauer Fliegern zusammen und ergänzten sich auch in der Ausbildung.

Für die Aufbau- und Werkstattarbeiten an den Flugzeugen hatte der Vorsitzende Magnus seine Werkstatt zur Verfügung gestellt. Und auch beim Flugbetrieb gab es mittlerweile Erfolge zu vermelden: 1957 nahmen die Piloten Rheingans und Stühlein am Deutschlandflug teil, um ihre Navigationskenntnisse zu erweitern. 1958 folgten Ferienlager in der Schwarzwald-Alp auf dem Klippeneck. Hier konnten Magnus und Rheingans für den Rheingauer Club die ersten fünf Stunden fliegen. Groß war schließlich die Freude, als man auf der Suche nach einem eigenen Flugplatz 1958 die Eibinger Forstwiesen entdeckte und als geeignet für den Flugbetrieb befand. Die ersten Erprobungsflüge wurden erfolgreich abgeschlossen und das Gelände schließlich mit Unterstützung der Stadt Rüdesheim und der Landesregierung als Segelflugplatz zugelassen. Ein halbes Jahr später, am 15. Mai 1959, wurden die Forstwiesen als Segelflugplatz eingeweiht und die Flieger konnten dort ihren 3000. Start mit dem vereinseigenen "Bergfalken" feierlich begehen. Dank der weiteren Unterstützung der Landesregierung konnte am 11. Juli 1960 ein weiteres Segelflugzeug vom Typ Ka 7 Rhönadler gekauft werden. Der damalige Geisenheimer Bürgermeister Konrad Braden fungierte als Pate und taufte das doppelsitzige Segelflugzeug auf den Namen "Stadt Geisenheim". Zwei Jahre später begannen die ersten Ausbildungslehrgänge in den Alpen. Die Erfolge waren so gut, daß man begann, jährlich dort ein Ferienlager durchzuführen. Und auch die Fliegerfrauen nahmen daran teil. Es wurde als gerechter Ausgleich empfunden, da ja gerade die Frauen im Club einen großen Anteil am Aufbau des Vereines hatten.

Der Erfolg des Luftsportclubs wurde schließlich gekrönt, als im März 1962 der Hessische Luftsportbund seinen Luftfahrertag in Rüdesheim veranstaltete. Die Rheingauer Piloten hatten die Gestaltung des Tages übernommen und fanden für ihre Organisation in ganz Hessen bei allen Fliegergruppen Anerkennung. Kurz danach, 1963, konnte mit dem dringend notwendigen Hallenbau begonnen werden. Bisher hatte man die vereinseigenen Segelflugzeuge in einer Scheune auf dem Ebental abgestellt. Als Dankeschön dafür, daß die Eigentümerfamilie Bender die Halle zur Verfügung stellte, halfen alle Clubmitglieder jedes Jahr bei der Heuernte mit. Doch im November 1963 wurde die eigene Flugzeughalle eingeweiht. Sie war in Gemeinschaftsarbeit von den Mitgliedern erstellt worden. Ein weiterer Meilenstein war 1964 die Anschaffung eines Leistungsflugzeugs vom Typ Zugvogel, das am 7. September 1964 durch den Rüdesheimer Bürgermeister und seinen Amtskollegen aus der französischen Patenstadt Meursault auf den Namen "Rüdesheim-Mersault" getauft wurde.

Mit dem eigenen Flugplatz, der neuen Halle und dem erweiterten Flugzeugpark konnte man dann erfolgreiche Vereinsgeschichte schreiben: 1970 wurde Pilot Friedel Anschau als Sportler des Jahres im Rheingau für seine fliegerischen Leistungen ausgezeichnet. Anschau hatte sich die Auszeichnungen "Gold-C mit drei Diamanten" erflogen. Und auch die Piloten Rheingans, Schlippert und Lorenz nahmen an Vergleichsfliegen des Hessischen Luftsportbundes mit Erfolg teil. 1976 konnte man auf den Forstwiesen den 50.000. Start durchführen. Die langjährige Aufbauarbeit hatte sich gelohnt, wie die Erfolge der Folgejahre bewiesen. Man richtete einen jährlichen "Tag der offenen Tür" ein, der von Jahr zu Jahr immer mehr Gäste auf die Forstwiesen lockte. Vor allem die Möglichkeit, in einem Segelflugzeug oder einem Motorsegler mitzufliegen, erfreute sich immer größerer Beliebtheit.